Wölfe und Schafe


2014 – 2015 | Wölfe und Schafe | Wassili Iwanytsch Berkutow | Andreas Seyferth | Theater „Viel Lärm um Nichts“, München

Wölfe und Schafe Trailer from Theater Viel Lärm um Nichts on Vimeo

 

Wenn Schafe die Zähne fletschen

[…]Dieses Finale dominierte Sebastian Kalhammer, alias Wassili Iwanytsch Berkutow, ein „Wolf“ von den Schauplätzen dieser Welt, auf denen die wirklichen Schlachten ausgefochten werden. Kalt, glatt und eloquent, hinter modischer Sonnenbrille, kaltglänzendem Anzug und geschliffener Rhetorik verschanzt, verschlang er den ganzen intriganten Haufen mühelos. Und als er am Ende sein Resümee zog, dem alle mehr oder weniger zähneknirschend zustimmen mussten, schmückte ihn zudem auch noch die schöne junge Witwe Jewlampia Nikolajewna.
[…] Ungeachtet dessen bewies aber die Inszenierung im Theater Viel Lärm um Nichts in der Pasinger Fabrik, dass Ostrowskis Komödien nicht nur spielbar und hochaktuell sind, sondern dass sie in gelungenen Inszenierungen durchaus über zeitgenössische Entwürfe hinausgelangen. Ach übrigens: Wo sind eigentlich die guten Komödien unserer Zeit?
Wolf Banitzki / theaterkritiken.com

Die manipulierte Mehrheit

Die Vögel zwitschern wieder. Als sei nichts passiert. Still liegt alles da. Die Flokati-Bühne in Form eines orthodoxen Kreuzes, der Kunstrasen, die gut einzusehenden Hinterzimmer. Dabei war es gerade erst tierisch abgegangen –
[…]Der Besuch aus der Hauptstadt, der Mann des Geldes (überzeugend aalglatt gegeben von Sebastian Kalhammer) sorgt für Unruhe und überraschende Wendungen.
[..] Am Ende der Premierenvorstellung lang anhaltender Applaus und „Bravo“-Rufe. Obwohl Ostrowski mit den Zwängen der Zensur zu kämpfen hatte, zeichnete er ein bitterböses Bild seiner Zeit. Mit Gespür für die Sprache, mit Satire an den richtigen Stellen. Damals wie heute sind es einige wenige Menschen, die die Masse steuern. […]
Guido Verstegen / Münchner Merkur

Molière vor der russischen Revolution

[…] „Wölfe und Schafe“ lässt die dräuende Zeitenwende aufscheinen. Die stets missbrauchte Macht des Adels verblasst und künftig herrscht das ausbeuterische Geld. […]
Die Frömmelei, unter der Betrug und Korruption blühen, bringt Bühnenbildner Peter Schultze auf ein effektives Bild: Der Laufsteg, auf dem sich die verworfene Bagage präsentiert, hat die Form eines mit schäfchenweißem Flokati bedeckten russisch-orthodoxen Kreuzes. Das ist natürlich mehr Typensatire als psychologisches Kammerspiel, aber die „Wölfe und Schafe“, dressiert von Regisseur Andreas Seyferth, sind eine hoch amüsante und lebendige Tierschau voller individueller Eigenheiten und Macken.
Sie haben keine Chance gegen die Dämlichkeit von gleich zwei alkoholaffinen Neffen (Alexander Wagner, Denis Fink), die freche Verschlagenheit der verarmten Verwandten (Yasmin Ott), das Glück der liebenswert lebensunfähigen jungen Witwe (Anna Veit), des beziehungsscheuen Friedensrichters (Hubert Bail) und des vor allem im wirtschaftlichen Raubtierkäfig der Hauptstadt erfolgreichen Gutsbesitzers (Sebastian Kalhammer). Seyferths spielerische und doch präzise Komödiantik macht Lust auf mehr alte Russen.
Mathias Hejny / AZ