Gesucht Till E.


2013 – 2014 | Gesucht Till E. | Till, Ritter, Doktor, Bürger, Mutter, Vater, Kurfürst | Andreas Seyferth | Theater „Viel Lärm um Nichts“, München

Wild, anarchisch und erfrischend aufrichtig

[…] Margrit Carls‘ Bühnenvorlage startet mit dem derben Possenreißer, der unterhalten und überleben will. Er teilt gewaltig aus, muss aber auch schwer einstecken. Die vier Darsteller entfesseln veitstanzartige Szenen mit rüden Späßen, voller Hinterlist und Verachtung. […]Sebastian Kalhammers Till war hintergründig und gelegentlich auch bedrohlich. […]Till war und ist der Kosmos des Widerstandes, dem viele Wesensarten eigen waren. […]Es war inhaltlich wie auch darstellerisch ein permanenter Akt der Äquilibristik.
Der Abend war ein Feuerwerk aus geschmacklosen Hanswurstiaden, brillanten Miniszenen und philosophischen und poetischen Bonmots. Es war wild und anarchisch und Unterhaltung vom, zugegeben, nicht immer Feinsten. Aber es war erfrischend ehrlich und bodenständig. Allen Beteiligten gebührt hohes Lob. Bleibt zu hoffen, dass dieses, in seiner Art selten gewordene Theaterereignis, von vielen Besuchern wahrgenommen wird. Es lohnt sich!
Wolf Banitzki / theaterkritiken.com

Das Theater Viel Lärm um Nichts sucht Till Eulenspiegel – und findet Klabunds Romanhelden Bracke

Er soll tatsächlich gelebt haben, von 1300 bis 1350, und muss ein rechter Anarchist gewesen sein. Ein um 1510 erschienenes Volksbuch machte seine schlauen, teils sehr bösen Streiche populär und Till Eulenspiegel als literarische Figur unsterblich. Auf dessen Fährte setzt sich das Theater Viel Lärm um Nichts. Aber Andreas Seyferths Inszenierung „Gesucht: Till E.“ folgt bald nicht mehr dem derben mittelalterlichen Possenreißer, sonderm dem Helden des Romans „Bracke“ von Klabund aus dem Jahr 1918. Dieser Bracke ist im 16. Jahrhundert ein äußerst scharf gewitzter Schalk, aber hinter seiner Clownsmaske steckt ein humanistischer Philosoph. […]
Seyferth schickt seine fünf Darsteller in die Zirkusmanege. Clownesk geschminkt und teils grotesk kostümiert, turnen sie heftig auf den Brettern und Seitenleitern eines großen Holzregals. Viel mehr braucht dieses komödiantische Theater der armen Mittel nicht – ein Seil, einen Waschbottich, und wenn Blut fließt, genügt ein rotes Tuch. Judith Bopp, Denis Fink, Sven Schöcker, Sebastian Kalhammer sowie der Musiker Marcus Tronsberg spielen alle mal Till und in fliegendem Wechsel die anderen Figuren.
Gabriella Lorenz / Münchner Feuilleton

Mehr Eulenspiegel braucht das Land

„Guck dir die Leute an, das dauert Stunden, die wieder aus dem Loch zu ziehen“, säuselt Schauspieler Denis Fink am Ende der Vorstellung ins Mikro. Och, so schlimm war ’s gar nicht. Okay, da waren viele Tills, viel bitterböser Sarkasmus. Da waren aber vor allem große Spielfreude, respektable Unterhaltung und die allumfassende Aufforderung: Stellt die Dinge in Frage, passt Euch nicht an!
In „Gesucht: Till E.“ […] entführen uns Margrit Carls und Andreas Seyferth in die Welt der Gaukler und Taschenspieler. Dem Publikum gefällt ’s… […] In dieser Welt sind die Führer die blindesten, es wird Recht gesprochen, aber nicht gehandelt, die Menschen leiden Hunger, die Menschen führen Krieg, Kirche und Klerus baden in Selbstzufriedenheit. […]die Schauspieler wechseln fliegend Rollen und Kostüme), klettern in einem fort über die durch Bretter miteinander verbundenen Leitern […] Immer halten sie uns den Spiegel vor, stellen alle Regeln, jeden Gedanken in Frage. […]
Guido Verstegen / Münchner Merkur